Zur Darlegung des Haushaltsführungsschadens

LG Essen, Urteil vom 06.06.2011 – 18 O 307/09

Für die Geltendmachung eines Haushaltsführungsschadens aufgrund eines Verkehrsunfalles bedarf es einer inhaltlich und zeitlich geschlossenen Darstellung aller wöchentlich und ggf. monatlich anfallenden Hausarbeiten – vorzugsweise ähnlich einem Stundenplan -, außerdem der Angabe, welche dieser Arbeiten der Geschädigte vor dem Unfall verrichten konnte und welche er nach dem Unfall nicht mehr verrichten kann (Rn. 60).

Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 9.175,40 nebst Jahreszinsen i.H.v. fünf v.H.-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2009 zu zahlen.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, den Kläger von Vergütungsansprüchen der Klägervertreter i.H.v. € 837,52 freizustellen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger jeden weiteren zukünftigen Schaden zu ersetzen haben, der aus dem Zusammenstoß des von dem Kläger geführten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … und des von dem Beklagten zu 1) geführten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … am 17.02.2008 auf der … in … noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergeht.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zu zweiundzwanzig und den Beklagten zu achtundsiebzig v.H. zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. einhundertundzehn v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten mittels Sicherheitsleistung i.H.v. einhundertundzehn v.H. des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. einhundertundzehn v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Der Gebührenstreitwert wird wie folgt bestimmt:

für den ersten Klagantrag auf € 10.000,00

für den zweiten Klagantrag auf € 1.300,00

für den dritten Klagantrag auf € 918,00

für den vierten Klagantrag auf € 0,00

für den fünften Klagantrag auf € 1.600,00

insgesamt auf € 13.818,00.


Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

2

Am 17.02.2008 befuhr der Kläger mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … gefolgt von dem Beklagten zu 1) in dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … die … in … . Der Beklagte zu 1) überholte den Kläger, scherte jedoch zu früh wieder ein, so dass die Fahrzeuge der Parteien zusammenstießen. Die Beklagte zu 2) ist der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1). Sie ersetzte den Sachschaden am Fahrzeug des Klägers i.H.v. € 7.960,08 vollständig und zahlte auf etwaige Personenschäden des Klägers weitere € 1.767,60. Mehrfache Aufforderungen der Klägervertreter zum weitergehenden Ersatz von Personenschäden wies die Beklagte zu 2) letztmals mit Schreiben vom 22.12.2008 zurück.

3

Durch den Zusammenstoß erlitt der Kläger eine Stauchung der Wirbelsäule. Da er unmittelbar nach dem Zusammenstoß starke Schmerzen im Rücken- und Lendenbereich verspürte, mussten die herbeigerufenen Rettungskräfte ihn aus seinem Fahrzeug befreien. Der Kläger wurde in das Katholische Krankenhaus … eingeliefert und dort bis einschließlich 07.03.2008 behandelt. Dort litt er unter ständigen Druck- und Bewegungsschmerzen bei jeder Erschütterung seines Körpers, weshalb er zunächst in einem Stufenbett gelagert und mit Infusionen einer hochdosierten Kombination der Schmerz- und Beruhigungsmittel Tramal, Novalgin und MCP behandelt wurde, außerdem aber auch ein Taubheitsgefühl in beiden Beinen und insbesondere dem rechten verspürte. In der ersten Nacht litt der Kläger ferner unter Erbrechen und in den ersten drei Nächten unter erheblichen Schlafstörungen. Später wurden dem Kläger Muskelrelaxantia verabreicht und physikalische Therapien verordnet. So erhielt er bis zum 03.06.2008 je zehn Fangobehandlungen, Massagen, Unterwasser-Bewegungsbäder und krankengymnastische Übungen. Gleichwohl konnte sich der Kläger im Verlauf seines Krankenhausaufenthalts und auch nach seiner Entlassung zunächst nur schleppend und über kurze Strecken an einem hohen Gehwagen mit Auflageflächen in Achselhöhe fortbewegen. Außerdem musste er zunächst weiterhin die Schmerzmittel Novalgin, Ibuprofen und Tetra-saar in hohen Dosen einnehmen und sich den genannten physikalischen Therapien unterziehen. Der Kläger war während der drei Wochen seines Krankenhausaufenthalts zu einhundert v.H. und während der folgenden sechs Wochen mindestens anfänglich noch zu fünfzig v.H. arbeitsunfähig.

4

Im Frühsommer 2008 stellte sich dann eine Lähmung des linken Beins ein, weswegen sich der Kläger vom 16. bis zum 26.06.2008 erneut in die Behandlung des Krankenhauses begab. Dort wurde als Ursache der Lähmung eine Nervenreizung festgestellt, zu deren Behandlung der Ischiasnerv u.a. mit Cortison infiltriert wurde. Auch nach seiner erneuten Entlassung musste der Kläger jedoch weiterhin Schmerzmittel einnehmen und konnte sich über längere Strecken nur mit hohem Gehwagen fortbewegen. Um die Jahreswende 2008 auf 2009 benötigte er den Gehwagen nicht mehr und lebt heute ohne Schmerzmittel. Im Frühjahr 2009 wurde sein Ischiasnerv wegen einer erneuten Lähmung des linken Beins allerdings nochmals mit Cortison infiltriert. Der Kläger leidet noch heute stundenweise unter Lähmungen des linken Beins, dem auch ein Großteil der früheren Beweglichkeit fehlt. Der Kläger befindet sich wegen solcher Lähmungen, fortdauernder Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und namentlich wiederkehrender Bandscheibenschmerzen in regelmäßiger ärztlicher Behandlung. Tätigkeiten in Haus und Hof, die er im Stehen, Recken oder Laufen vollbringen müsste, kann der Kläger nicht ausführen, und ebenso keine Lasten von mehr als wenigen Kilogramm tragen. Weil er eine plötzliche Lähmung seines linken Beins befürchtet fährt er außerdem nicht mehr Rad und steuert nur noch Kraftwagen mit automatischem Schaltgetriebe.

5

Der Kläger ist Landesbeamter im Ruhestand. Zur Zeit des Zusammenstoßes war er sechsundsechzig Jahre alt und litt unter folgenden Vorerkrankungen:

6

1.
einem ausgedehnten und ausgeprägten Verschleiß der Wirbelbogengelenke (Spondylarthrose) im Bereich der Becken- und der Halswirbelsäule;

7

2.

einer gestörten Knochenbildung mit möglicher Knorpelverdickung (Osteochondrose) im Bereich der Lendenwirbelsäule;

8

3.

einer Aortensklerose;

9

4.

einer lateralen und ventralen Bandverkalkung;

10

5.

einem beiderseitigen Verschleiß der Kniegelenke (Gonarthrose) und Hüftgelenke (Koxarthrose);

11

6.

einem Wirbelkompressionssyndrom S1 rechts;

12

7.

einer Fettleber (Steatosis Hepatis);

13

8.
einem Schwindelsyndrom;

14

9.

einer Störung der Lungenfunktion und den Folgen einer Lungenembolie;

15

10.

Bluthochdruck;

16

11.

Herz-Kreislauf-Störungen;

17

12.

Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sowie

18

13.

Schlafapnoe mit Überdruckbeatmung.

19

Außerdem trug und trägt der Kläger einen Herzschrittmacher. Der Kläger war vor dem Zusammenstoß zu sechzig v.H. schwerbehindert und wurde nach dem Zusammenstoß zu achtzig v.H. schwerbehindert. Dem Behinderungsgrad von insgesamt achtzig v.H. liegt ein einzelner Behinderungsgrad wegen „Wirbelsäulenfunktionseinschränkung mit Nervenwurzelreizung und Teillähmung des linken Beins bei Verschleiß nach KFZ-Unfall“ von fünfzig v.H. zugrunde (Anhang zum Gutachten der Stadt … vom 02.09.2008, Anlagenband zur Klageschrift).

20

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Schmerzensgelds i.H.v. mindestens € 10.000,00, den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens i.H.v. mindestens € 1.300,00, die Zahlung einer Schadenspauschale i.H.v. € 25,00 und den Ersatz folgender Kosten:

21

1.

für dreißig Tage im Jahr 2008 einen nicht beihilfefähigen Eigenanteil an den Kosten eines Zweibettzimmers im Krankenhaus … bei einem Tagessatz von € 15,00 und an den Kosten wahlärztlicher Leistungen ebenda bei einem Tagessatz von € 10,00, insgesamt € 750,00;

22

2.

tägliche PKW-Fahrten seiner Ehefrau von … nach … zwischen dem 17.02. und dem 06.03.2008 (ohne 25., 27. und 29.02. sowie 03. und 05.03.2008) zu Krankenbesuchen bei einer doppelten Strecke von jeweils sechzig Kilometern und einem Kilometersatz von € 0,20, insgesamt (vierzehn Fahrten x sechzig Kilometer x € 0,20) € 168,00.

23

Der Kläger behauptet, sämtliche genannten Beschwerden und Einschränkungen seit dem 17.02.2008 einschließlich des erhöhten Grads seiner Behinderung beruhten auf dem Zusammenstoß. Er sei insbesondere sechs Wochen nach seiner erstmaligen Entlassung aus dem Krankenhaus … noch zu fünfzig v.H. arbeitsunfähig gewesen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Jahreszinsen i.H.v. fünf v.H.-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2009 zu zahlen,

26

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen angemessenen Ersatz für seinen Haushaltsführungsschaden nebst Jahreszinsen i.H.v. fünf v.H.-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2009 zu zahlen,

27

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere € 918,00 nebst Jahreszinsen i.H.v. fünf v.H.-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2009 zu zahlen,

28

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von Vergütungsansprüchen der Klägervertreter i.H.v. € 837,52 freizustellen sowie

29

festzustellen, dass die Beklagten dem Kläger jeden weiteren zukünftigen Schaden zu ersetzen haben, der aus dem Zusammenstoß des von dem Kläger geführten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … und des von dem Beklagten zu 1) geführten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … am 17.02.2008 auf der … in … noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergeht.

30

Die Beklagten beantragen,

31

die Klage abzuweisen.

32

Die Kammer hat den Kläger gem. §. 141 Abs. 1 S. 1 ZPO angehört und Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Zeugen … und … sowie durch schriftliches und ergänzendes mündliches Gutachten des Sachverständigen … . Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien, die Niederschriften der mündlichen Verhandlung und die Entscheidungsgründe verwiesen.


Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I.

34

Der Feststellungsantrag des Kläger ist zulässig, weil die Verjährung etwaiger zukünftiger Schadensersatzansprüche nur durch Erhebung der Klage gehemmt werden kann und die Entstehung zukünftiger Schadensersatzansprüche nach dem behaupteten Fortdauern von Beschwerden nicht eben fernliegt, §§. 195, 199 Abs. 1; 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB; §. 256 Abs. 1 ZPO.

II.

35

Die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten folgen aus §. 18 Abs. 1 S. 1 StVG; §§. 115 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1; Abs. 1 S. 4 VVG n.F.. Der Beklagte zu 1) hat gegen das Gebot des §. 5 Abs. 4 S. 4 StVO verstoßen, wonach der Überholte beim Wiedereinordnen nicht behindert werden darf. Dahinter träte auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers vollständig zurück.

36

1.

Dem Kläger ist insbesondere ein Schmerzensgeldanspruch i.H.v. € 10.000,00 entstanden, §. 253 Abs. 2 BGB.

37

a)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beschwerden und Einschränkungen des Klägers seit dem 17.02.2008 einschließlich des erhöhten Grads seiner Behinderung auf dem umstrittenen Zusammenstoß der beiden Kraftfahrzeuge beruhen.

38

Der Sachverständige … hat hierzu ausgeführt, sowohl die Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule als auch die Lähmung des linken Beins des Klägers beruhten auf derselben Ursache.

39

Die Wirbelsäule sei schon vor dem Zusammenstoß stark verschlissen und verformt gewesen, zugleich aber durchgehend verknöchert, so dass der Kläger keine Schmerzen habe leiden müssen. Die knöcherne Befestigung der Wirbelsäule sei dann durch deren Stauchung aufgebrochen, so dass Verschleiß und Verformung dem Kläger nun erhebliche Schmerzen bereiteten. Die Aufbrechung erstrecke sich über mehrere Bereiche (Segmente) der Wirbelsäule, wie sie bei einer gewöhnlichen Belastung im Alltag nicht auftrete. Eine erneute Verknöcherung sei frühestens binnen zwei bis drei Monaten zu erwarten gewesen, habe sich aber nicht im ursprünglichen günstigen Zustand wieder einstellen müssen. Vielmehr hätten insbesondere Fehlhaltungen des Klägers dessen Wirbelsäule in ungünstiger Stellung verknöchern lassen können, wobei der Kläger dann fortdauernd Schmerzen litte. Ob sich die Verknöcherung bereits wieder eingestellt habe, könne nicht sicher beurteilt werden, weil die entstandenen winzigen Aufbrechungen (Mikrofrakturen) bildgebend nicht mehr sichtbar gemacht werden könnten. Eine Kernspintomographie sei zwar unmittelbar nach der Verletzung des Klägers denkbar aber wegen dessen Herzschrittmacher nicht durchführbar gewesen. Insgesamt entspreche das Beschwerdebild des Klägers aber den Erfahrungen der Schulmedizin nach einer aufgebrochenen oder ungünstig wieder geschlossenen Verknöcherung der Wirbelsäule. Da der Kläger nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen vor dem Zusammenstoß über entsprechende Wirbelsäulenschmerzen nicht geklagt habe und da die knöcherne Aufbrechung zeitlich mit dem Zusammenstoß zusammengefallen sei und über mehrere Teilbereiche sich erstrecke, sei von der Stauchung als Ursache für die Wirbelsäulenschmerzen des Klägers auszugehen. Da sich die Verknöcherung der Wirbelsäule noch nicht oder bereits in einer ungünstigen Stellung wieder eingestellt habe, handele es sich bei dem Schmerzbild des Klägers um chronische organische Beschwerden.

40

Die zweitweise Lähmung des linken Beins hingegen beruhe insbesondere auf einer Vorwölbung (Protrusion) mehrerer Bandscheiben, die die aus der Wirbelsäule austretenden Nerven (Plexus lumbalis links) bedränge. Die Vorwölbung als solche lasse sich nicht sicher auf den Zusammenstoß zurückführen, werde aber zeitweise verstärkt durch vorübergehende Fehlhaltungen nach dem Aufbrechen der Wirbelsäulenverknöcherung, die außerdem auch zu einem Anschwellen der umgebenden Weichteilstrukturen führten. Vorgewölbte Bandscheiben und angeschwollene Weichteilstrukturen gemeinsam verhinderten dann namentlich die Enervierung des linken Beins. Hierfür spreche auch, dass einerseits der in der Senkrechten die Rückenmarksnerven aufnehmende Spinalkanal nicht verengt sei, so dass die Enervierung des linken Beins hier nicht behindert werde, während andererseits die waagrechten Nervenaustrittsöffnungen (Neuroforamina) rechts erheblich stärker verengt seien als links, so dass mit einer Lähmung des rechten Beins eher zu rechnen wäre als mit einer Lähmung des linken. Da diese beiden anderen denkbaren Ursachen für eine gestörte Enervierung des linken Beins somit ausschieden, komme als Auslöser nur die auf Fehlhaltungen beruhende Verstärkung der Bandscheibenvorwölbung und Anschwellung der Weichteilstrukturen in Betracht. Mit Rücksicht auf die vorgelegten Behandlungsunterlagen aus der Zeit vor dem Zusammenstoß, die ähnliche Beschwerden des Klägers nicht wiedergäben, und die eigenen Untersuchungsergebnisse des Sachverständigen sei außerdem festzustellen, dass der Kläger durch den Zusammenstoß mindestens fünfzig v.H. seiner vorherigen körperlichen Fähigkeiten eingebüßt habe. Seine erheblich verminderte körperliche Belastbarkeit verhindere dabei insbesondere eine ausreichende körperliche Betätigung, um der bereits bestehenden Zuckerkrankheit zu begegnen.

41

Die Ausführungen des Sachverständigen … waren auch für den Laien verständlich und nachvollziehbar und frei von erkennbar fehlerhaften allgemeinen und fachlichen Denkansätzen und Schlussfolgerungen. Der Sachverständige hat in überzeugender Weise das Aufbrechen der Verknöcherung als unmittelbare Folge der unfallbedingten Stauchung der Wirbelsäule dargestellt und seine Auswirkungen auf die bestehenden Wirbelsäulenleiden sowie die Aussichten auf eine Heilung beschrieben.

42

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Schmerzen der Wirbelsäule stimmen die Feststellungen des Sachverständigen … auch weitgehend mit den Aussagen des Zeugen … überein. Der Zeuge hat ebenso wie der Sachverständige das Aufbrechen einer Verknöcherung der Wirbelsäule als Ursache für die Schmerzen des Klägers benannt und hierzu ausgeführt, dass die Brustwirbel des Klägers noch immer durch knöcherne „Spangen“ verbunden seien, weshalb mit Sicherheit auch eine entsprechende Einsteifung der Lendenwirbel bestanden habe. Dass die „Spangen“ im Bereich der Lendenwirbel nicht mehr nachzuweisen seien, spreche dafür, dass sie durch die Stauchung der Wirbelsäule aufgebrochen worden seien. Die unbeschädigte Einsteifung auch der Lendenwirbel habe dem Kläger trotz seines grundsätzlich bestehenden Wirbelsäulenleidens jegliche Schmerzen ersparen können. Eine erneute Versteifung könne bis zu zweieinhalb Jahren dauern, lasse sich zeitlich aber nicht genau eingrenzen. Allerdings hat der Zeuge weiter ausgesagt, es sei „durchaus vorstellbar, dass… [der Kläger] noch heute Schmerzen aufgrund des damaligen Unfallgeschehens“ verspüre, die Wahrscheinlichkeit betrage aber nur „vielleicht… zwanzig Prozent“. Die Kammer gibt insofern jedoch den Feststellungen des Sachverständigen den Vorzug, weil der Zeuge die erneute Versteifung der Wirbelsäule mit einem Ende der unfallbedingten Beschwerden gleichgesetzt hat, ohne eine Versteifung in einer Fehlstellung und damit ein Fortdauern des an sich glaubhaften Schmerzbilds zu erwägen. Die Überlegungen des Sachverständigen erscheinen insofern gründlicher und weiterreichend als diejenigen des Zeugen.

43

Ebenso hat der Zeuge ausgesagt, die Lähmungen des linken Beins beruhten auf den Bandscheibenvorwölbungen, aber die Bandscheibenvorwölbungen beruhten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf dem Zusammenstoß. Die Bandscheiben wölbten sich nämlich nach vorn vor, während bei einem Stoß von der linken Seite damit zu rechnen sei, dass sie sich nach hinten vorwölbten. Außerdem hätten die Lähmungen, falls sie auf dem Zusammenstoß beruhten, binnen acht Tagen eintreten müssen. Tatsächlich sei zunächst aber vor allem das rechte und nicht das linke Bein des Klägers betroffen gewesen. Dass die Vorwölbungen sicher auf der Stauchung beruhten, hat auch der Sachverständige nicht festgestellt, insofern aber zu bedenken gegeben, dass Vorwölbungen nach hinten durch die dortigen Verknöcherungen verhindert worden sein könnten. Dass die Lähmungen binnen acht Tagen hätten eintreten müssen, hat der Sachverständige dagegen aus nachvollziehbaren Gründen verneint: Da die Lähmungen auf Fehlhaltungen beruhen, die bestehende Bandscheibenvorwölbungen verstärken und weitere Weichteilstrukturen anschwellen lassen, treten sie in Bewegung eher auf als in Ruhe. Da der Kläger während seines ersten Krankenhausaufenthalts nach Aussage des Zeugen aber so leidend war, dass er „nicht aus dem Bett heraus mobilisiert werden“ konnte, traten verstärkte Fehlhaltungen erst mit fortschreitender Genesung und Bewegung ein. Die Kammer hat daher auch insoweit den Ausführungen des Sachverständigen den Vorzug gegeben.

44

Etwas anderes folgt schließlich auch nicht aus den Darlegungen des von der Beklagten zugezogenen Sachverständigen … (Schreiben vom 05.06.2008 (Bl. 53 ff. d.A.), 25.07.2010 (Bl. 163 ff. d.A.) und 23.11.2010 (Bl. 195 f. d.A.)). Herr … beschränkt sich im wesentlichen auf die schlagwortartige Wiedergabe von Lehrsätzen, ohne sich eingehend mit den Besonderheiten der Verletzungen des Klägers und den Ausführungen des Sachverständigen … auseinanderzusetzen und ohne den Kläger persönlich kennengelernt und untersucht zu haben. Die Ausführungen vom 05.06.2008 erschöpfen sich in den Feststellungen, dass allein die Stauchung der Wirbelsäule auf den Zusammenstoß zurückzuführen sei, dass die Stauchung von den Vorerkrankungen des Klägers abzugrenzen sei und dass eine Behandlungsdauer von höchstens sechs Wochen auf dem Zusammenstoß beruhe. Eine Erklärung insbesondere für diese letzte Feststellung fehlt. Am 25.07.2010 hat Herr … dann ausgeführt, die schriftlichen Feststellungen des Sachverständigen … seien ihm „vollständig unverständlich“, weil für eine unfallbedingte Schädigung der Lendenwirbelsäule mit begleitender neurologischer Ausfallsymptomatik entweder eine begleitende Verletzung der Wirbelkörper oder eine Zerreißung des vorderen oder hinteren Längsbands der Wirbelsäule mit discoligamentärer Instabilität gefordert werde, und zwar um so mehr, als die Bandscheiben ober- und unterhalb des fünften Lendenwirbels besonders geschützt lägen. Diese Ausführungen treffen die Feststellungen des Sachverständigen … jedoch nicht, weil jener gerade nicht von einer unmittelbaren Schädigung von Wirbelkörpern und Nerven ausgeht. Eine Auseinandersetzung des Herrn … mit den Folgen der aufgebrochenen Verknöcherungen fehlt ebenfalls. Die Ausführungen vom 23.11.2010 schließlich wiederholen im wesentlichen die vorhergehenden und vertiefen die Angriffe auf den Sachverstand des Gutachters … . Der Sachverständige könne als Internist und Facharzt für Osteologie die orthopädischen und unfallchirurgischen Folgen eines Verkehrsunfalls nicht beurteilen, und überdies bedürfe es eines ergänzenden technischen Gutachtens zum Ablauf des Zusammenstoßes. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Angriffe auf den Sachverstand des Gutachters … jedoch unbegründet. Da die Osteologie die Lehre vom Skelettsystem und dessen Erkrankungen ist, ist ein Facharzt für Osteologie schon allgemein berufen, die Auswirkungen des Zusammenstoßes auf Wirbelsäule und Beine des Klägers zu beurteilen. Überdies galt es neben etwaigen knöchernen Veränderungen oder Verletzungen auch die internistischen Vorerkrankungen und Auswirkungen z.B. auf die bestehende Zuckerkrankheit zu beurteilen. Tatsächlich hat der Sachverständige … die an ihn gerichteten Beweisfragen auch in jeder Hinsicht bis ins einzelne erschöpfend und nachvollziehbar beantworten können und dabei überdies wesentliche Übereinstimmungen mit dem Allgemein- und Unfallchirurgen … erzielt. Sein Sachverstand zur Beantwortung der Beweisfragen ist damit belegt. Umgekehrt zweifelt die Kammer allerdings am Sachverstand des Herrn … , weil er der Frage nach den aufgebrochenen Verknöcherungen der Wirbelsäule keine Silbe widmet, obwohl sie nach Einschätzung des Sachverständigen … und des Zeugen … von maßgeblicher Bedeutung für die Beschwerden des Klägers sind. Der Einholung des von den Beklagten beantragten „Obergutachtens“ bedurfte es daher nicht, weil die Ausführungen des Sachverständigen … die Kammer überzeugt haben, während die Ausführungen des Herrn … „nach Aktenlage“ für den Gerichtsgebrauch nicht ausreichen. Von einer Ladung des Herrn … hat die Kammer abgesehen, weil die Beklagten Herrn … im Termin stellen konnten. Schließlich bedurfte es auch keines ergänzenden technischen Gutachtens zum Verlauf des Zusammenstoßes, weil nach den überzeugenden Darlegungen sowohl des Sachverständigen … als auch des Zeugen … die unbestrittene Stauchung der Wirbelsäule das festgestellte gleichzeitige weiträumige Aufbrechen der Verknöcherung mit Sicherheit hervorgerufen hat und die Folgen der Schmerzen an der Wirbelsäule und der Lähmung des Beins nur mehr medizinische Fragen sind.

45

b)

Keine Feststellungen hat der Sachverständige … allerdings zur Frage der Arbeitsunfähigkeit und zur Frage des Behinderungsgrads getroffen.

46

Hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit ist zwischen den Parteien umstritten, ob die Arbeitsunfähigkeit des Klägers während der ersten sechs Wochen nach dem 07.03.2008 fortwährend bei fünfzig v.H. lag oder bis auf zwanzig v.H. sank. Der Zeuge … hat in seinem schriftlichen Arztbericht vom 01.08.2008 (Bl. 50 ff. d.A.) für die ersten drei Wochen nach dem 07.03.2008 eine Arbeitsunfähigkeit von fünfzig v.H. angenommen und hierzu mündlich ausgeführt, danach sei von einem weiteren langsamen Absinken auszugehen. Herr … hat in seinen Ausführungen vom 05.06.2008 innerhalb von vier Wochen ein Absinken auf siebzig v.H., fünfzig v.H., dreißig v.H. und schließlich zwanzig v.H. angenommen. Da der Kläger aber bis zu seinem zweiten Krankenhausaufenthalt unbestritten weiterhin hochdosierte Schmerzmittel einnehmen musste und sich im wesentlichen nur mit hohem Gehwagen fortbewegen konnte, was der Kläger und die Zeugin … in ihren Ausführungen anschaulich bestätigt haben und wie es auch mit den Feststellungen des Sachverständigen … übereinstimmt, schätzt die Kammer seine Arbeitsunfähigkeit in den ersten sechs Wochen nach dem 07.03.2008 auf fortlaufend fünfzig v.H., §. 287 Abs. 1 S. 1 ZPO.

47

Hinsichtlich des Behinderungsgrads ist zwischen den Parteien umstritten, ob der Anstieg von sechzig auf achtzig v.H. auf dem Zusammenstoß beruht. Nachdem der Sachverständige … festgestellt hat, dass der Kläger durch den Zusammenstoß fünfzig v.H. seiner vorherigen Fähigkeiten verloren habe, beantwortet die Kammer auch diese Frage im Sinne des Klägers, §. 287 Abs. 1 S. 1 ZPO.

48

c)

Bei der Bemessung des Schmerzensgelds hat sich die Kammer insbesondere von folgenden ähnlichen Fallgestaltungen leiten lassen:

49

aa)

Lähmung des Beins

50

Das Oberlandesgericht Bremen hat durch Urteil vom 20.09.1989 (1 U 26/88) ein Schmerzensgeld von umgerechnet rund € 7.500,00 zugesprochen, nachdem der dortige Kläger durch eine fehlerhafte intramuskuläre Injektion eine Lähmung des Ischiasnervs mit einer Fußheberschwäche erlitten hatte, deswegen mehrfach gestürzt war und seine Erwerbsgeschäft einstellen musste. Die Kammer erachtet den Fall des Klägers sowohl hinsichtlich der Lähmung seines linken Beins und ihrer Folgen für die Bewegungsfähigkeit als auch hinsichtlich des Verschuldens des Schädigers für ähnlich schwer wiegend.

51

bb)

Schmerzen der Wirbelsäule

52

(1)

Das Landgericht Köln hat durch Urteil vom 16.02.2007 (17 O 143/04) ein Schmerzensgeld von € 9.000,00 zugesprochen, nachdem der dortige Kläger nach einem stabilen Bruch des zwölften Brustwirbelkörpers, einem stumpfen Bauchtrauma, einer Wadenprellung links und einer Prellung der Lendenwirbelsäule während vier Wochen fast bewegungsunfähig und an das Bett gebunden war, mindestens über viereinhalb Monate hinweg große Schmerzen litt und über ein halbes Jahr ein Drei-Punkt-Mieder tragen musste. Die Kammer erachtet den Fall des Klägers hinsichtlich seiner Schmerzen an der Wirbelsäule für geringfügig weniger schwerwiegend, weil der Kläger weniger stark verletzt wurde und bereits gegen Ende der ersten drei Wochen nach dem Zusammenstoß wieder am hohen Gehwagen laufen konnte. Die Dauer der erheblichen Schmerzen und die Beschränkung auf den hohen Gehwagen als solche erscheinen dagegen vergleichbar schwerwiegend.

53

(2)

Das Kammergericht hat durch Urteil vom 11.12.2000 (12 U 4332/99) ein Schmerzensgeld von € 10.000,00 zugesprochen, nachdem der dort klagende fünfzehnjährige Schüler wegen einer Weichteilverletzung des rechten Fußes, einer Kompressionsfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers, einer Begleitimpression der Deckplatten bzw. Grundplatten der Wirbelgelenke der elften und zwölften Brustwirbel und der Grundplatten des zwölften Brust- sowie des zweiten Lendenwirbelkörpers sieben Wochen lang im Krankenhaus behandelt wurde und während der ersten sechs Wochen zu sechzig v.H., während der nächsten siebeneinhalb Monate zu dreißig v.H. und seither zu zwanzig v.H. in der Erwerbsfähigkeit gemindert war bzw. ist. Die Kammer erachtet den Fall des Klägers trotz der deutlich stärkeren Verletzung des fünfzehnjährigen Schülers wiederum für ähnlich schwerwiegend, weil der betroffene Schüler durch Übung seiner Rückenmuskulatur und eine entsprechende Berufswahl maßgeblich auf seine weitere Genesung Einfluss nehmen konnte, während sich der Kläger aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seiner Vorerkrankungen kaum Linderung verschaffen kann und überdies in der Behandlung seiner Zuckerkrankheit eingeschränkt ist.

54

cc)

Unter Berücksichtigung aller Umstände erachtet die Kammer daher das vom Kläger geltend gemachte Schmerzensgeld i.H.v. € 10.000,00 für angemessen. Dabei tritt die Genugtuung für das dem Kläger angetane Unrecht hinter den Ausgleich seiner Schmerzen und Leiden zurück, weil die Kammer nur von einer fahrlässigen Körperverletzung i.S.d. §. 229 StGB und einem fahrlässigen Verstoß gegen §. 5 StVO ausgeht, so dass das eigentliche Unrecht des Beklagten zu 1) gering wiegt. Außerdem ist zu beachten, dass die für die Lähmung des Beins einerseits und die Schmerzen der Wirbelsäule andererseits jeweils angemessenen „Teilschmerzensgelder“ nicht zusammengerechnet werden können, sondern dass das gesamtheitliche Leiden des Klägers mit einem angemessen erhöhten einheitlichen Schmerzensgeld abzugelten ist (vgl. Palandt / Grüneberg70, §. 253, Rz. 15). Die Kammer hat daher zunächst die erheblichen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Klägers in Alltag und Freizeit, seine zweifachen Krankenhausaufenthalte und vollständige bzw. teilweise Arbeitsunfähigkeit, seine schwerwiegenden Arzneimitteleinnahmen über ein Jahr und seine fortdauernden physikalischen Therapien sowie die drohende Verschlechterung seiner Zuckerkrankheit berücksichtigt und ist zu einem einheitlichen Schmerzensgeld i.H.v. € 12.000,00 gelangt. Erhöhend hat die Kammer dann berücksichtigt, dass seit den angeführten Vergleichsfällen eine z.T. erhebliche Geldentwertung eingetreten ist, ermäßigend hingegen, dass durch den Zusammenstoß lediglich ein bereits angelegtes Leiden des Klägers freigesetzt worden ist (Bundesgerichtshof, NJW 1997, 455, 456). Allerdings war dies nicht wie von den Beklagten angenommen mit einem Abschlag von achtzig v.H. anzusetzen, weil der Kläger vor dem Zusammenstoß frei von Schmerzen und körperlich im wesentlich unbeeinträchtigt war (vgl. a.a.O.). Unter nochmaliger Würdigung aller maßgeblichen Umstände hat die Kammer dann das angemessene Schmerzensgeld i.H.v. € 10.000,00 gefunden.

55

Dieser Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegen die Beklagten i.H.v. € 10.000,00 ist jedoch durch die Zahlung der Beklagten zu 2) i.H.v. € 1.767,60 bis auf € 8.232,40 erloschen, §§. 362 Abs. 1, 422 Abs. 1 S. 1 BGB.

56

2.

Der Kläger hat auch Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz seiner Heilbehandlungskosten i.w.S., §. 249 Abs. 2 S. 1 BGB.

57

a)

Dies gilt zunächst von den nicht beihilfefähigen Kosten eines Zweibettzimmers und von ärztlichen Wahlleistungen. Die Kosten einer privatärztlichen Behandlung sind bei einem gesetzlich Krankenversicherten ersatzfähig, wenn sie aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Verletzten erforderlich schienen. Dabei sind insbesondere die Art der Verletzung und der Lebensstandard des Verletzten zu berücksichtigen (Bundesgerichtshof, NJW 2006, 1271, 1275). Dasselbe muss entsprechend für nicht beihilfefähige Kosten bei einem Beihilfeberechtigten mit privater Krankenversicherung gelten. Angesichts der erheblichen Schmerzen des Klägers und der Ungewissheit seiner Genesung waren Zweibettzimmer und ärztliche Wahlleistungen mit einem nicht beihilfeberechtigten und nicht versicherten Anteil von € 750,00 erforderlich und angemessen. Sie entsprechen auch dem Lebensstandard des Klägers und seiner Ehefrau, die als Grundschulrektorin bzw. Hauptseminarleiter beide gehobene Ämter in der Landesverwaltung bekleidet haben und entsprechend ruhegehaltsberechtigt sind.

58

b)

Es gilt ferner auch von den untadelig berechneten Fahrtkosten nach einem Kilometersatz von € 0,20 (vgl. Palandt / Grüneberg69, §. 249, Rz. 9). Dass tägliche Krankenbesuche geliebter Menschen die Heilung fördern, ergibt die allgemeine Lebenserfahrung, und überdies müssen die Beklagten auch für die ungewollte Trennung des Klägers und seiner Ehefrau aufkommen, §. 287 Abs. 2 ZPO.

59

c)

Es gilt schließlich auch für die geltend gemachte Kostenpauschale i.H.v. € 25,00. Der Kläger hatte insofern mehr Schäden dargelegt als von seinen Anträgen umfasst. Da die Klage teilweise abzuweisen war, hat die Kammer die Kostenpauschale jedoch als Hilfsbegründung berücksichtigt.

60

3.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens besteht hingegen nicht, weil der Kläger seinen Schaden trotz Hinweises der Kammer nicht nachvollziehbar dargelegt hat. Hierzu hätte es insbesondere einer inhaltlich und zeitlich geschlossenen Darstellung aller wöchentlich und ggf. monatlich anfallenden Hausarbeiten bedurft -vorzugsweise ähnlich einem Stundenplan-, außerdem der Angabe, welche dieser Arbeiten der Kläger vor dem Zusammenstoß verrichten konnte und welche er nach dem Zusammenstoß nicht mehr verrichten kann. Der Kläger hat aber namentlich die auf die einzelnen Arbeiten entfallenden Zeiten nicht dargelegt und bewiesen und kann dies auch nicht durch einen Verweis auf die bei Schulz-Borck / Pardey, Der Haushaltsführungsschaden7 aufgeführten Tabellen ersetzen. Nur ergänzend weist die Kammer darum darauf hin, dass sie sich von der tatsächlichen Beteiligung des Klägers am Haushalt weder durch dessen Anhörung noch durch die Aussage der Zeugin hat überzeugen können. Wohl hat der Kläger hervorgehoben, er habe „alle Hausarbeiten übernommen, sogar die Wäsche gewaschen, Fenster geputzt“, Staub gesaugt und eingekauft. Zusammenfassend hat der Kläger allerdings erklärt, er sei seiner Frau „zur Hand gegangen“, was für die Hauptlast des Haushalts bei der Zeugin … spricht. Die Zeugin selbst hat erklärt, dass der Kläger „alles das im Haushalt gemacht hat“, worum sie ihn gebeten habe. Dazu habe sie ihm Zettel geschrieben. Auch diese Schilderung spricht eher für eine Stellung des Klägers als willigem Helfer denn als gleichwertigem Teilhaber an der Hausarbeit.

61

III.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist begründet, weil nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen … die durch den Zusammenstoß verursachten Wirbelsäulenveränderungen ggf. sogar dauerhaft fortwirken, so dass weitere Vermögens- und Nichtvermögensschäden nicht ausgeschlossen werden können.

62

IV.

Die Ansprüche des Klägers die Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen und Freistellung von Rechtsanwaltsvergütung folgen aus der Leistungsverweigerung der Beklagten zu 2) vom 22.12.2008 bzw. als ersatzfähige Rechtsverfolgungskosten des Klägers aus §§. 249 Abs. 1 S. 2, 257 entspr.; 286 Abs. 2 Ziff. 3; 288 Abs. 1 BGB i.V.m. den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Wegen der Einzelheiten der Rechtsanwaltsvergütung wird auf die unbedenkliche Berechnung der Klägervertreter in der Klageschrift (Bl. 17 d.A.) verwiesen.

63

V.

Die Entscheidungen über Kostenlast, Vollstreckbarkeit und Streitwert folgen aus §§. 92 Abs. 1 S. 1 Fall 2; 709 S. 1 und 2, 708 Ziff. 11, 711 ZPO; §. 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. §. 4 Abs. 1 ZPO. Den Wert des Feststellungsantrags hat die Kammer mangels greifbarer Umstände auf € 2.000,00 geschätzt und hiervon einen Feststellungsabschlag i.H.v. zwanzig v.H. gemacht, §. 3 ZPO (vgl. Zöller / Herget28, §. 3, Rz. 16, Stichwort „Feststellungsklagen“). Den Freistellungsantrag hat die Kammer als Nebenforderung ohne eigenen Streitwert betrachtet, §. 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO.

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